Glauben           www charys de

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Charys ist eine private Abhandlung des Themas „Glauben"

Die Musik zu dieser Szene erhält den Titel "Hier kann ich teilnehmen und dabei meine Suppe kochen"

Links Schatten, rechts Licht. Eine mehrteilige Lampe. Eine verwaschene Statue in der Mitte. Natur und einige Mauern. Ein Weg und ferne Hügel. Lässt sich daraus eine Religion zimmern? Ja, das reicht bereits.

Aus meiner Sicht durchwandere ich mit, als und bei „Charys" das Thema „Religion" auf meine Weise. Die monotheistische Spätreligion - sei es Jehova, Allah oder Buddha - ist bei meinem Streifzug, ungeachtet ihrer Quantität, nur eine Facette. Und die Charys-Homepage ist eben kein Glaubenswerk an irgendetwas. Sie ist ein systemimmanentes Dennoch-Wahrhaftig-Bleiben.

Also ich sage: Ich gehe auf jeden von mir wesentlich genommenen Spuk los, von Tarotkarten bis Gnostik. In der Einschränkung, dass ich auf „wesentlichen" Spuk losgehe, liegt eine früh gestartete instinktive Filterung, die mich neunundneunzig Prozent des Mystischen und Religiösen in einem subjektiven Slalom umkurven lässt. Normalerweise erdrückt den Suchenden das religiöse Pantheon - noch Goethe ist das passiert, mit seinen alchemistisch dahinsiechenden „Wahlverwandschaften", mit seiner Farbenlehre ohne Einbezug des zeitgleich mit Goethe lehrenden wissenschaftlichen Volltreffers Helmholtz.

Mich nun als Charys erdrückt das Thema „Religion" eben nicht. Ich gehe auf die jederzeit gegenwärtige religiöse Volkspraxis zu, auf den Ort, wo Mythen generiert werden.

Die Welt des Rollenspiels - das ist für mich Volk, das aktuellen Mythos erzeugt. Niemand rückt dort die Flucht und das Ziel des Rollenspiels in den Vordergrund, aber ich sehe beides: Derzeitiges Rollenspiel ist konstruktive Abwehr von Vermassung. Das Ziel der „Mittelaltermärkte" ist komplettes Ausklammern der modernen Großkonzerne durch Feiern von Handwerk. Überall ist Coca Cola? Nein, nicht bei Retro-LARP und Reenacting.

Wären sie nicht längst in der Theorie unsinnig überhöht und in der Praxis abgesoffen, könnte ich noch die Aborigines hinzunehmen oder mal schauen, wie die Indianer Glauben zelebrieren. Aber ich vermeide nicht nur das Aufplustern des machtgekoppelten Monotheismus, sondern auch den Sprung heraus aus Mitteleuropa empfinde ich als unnötig. Hic Rhodos, hic salta in religionem: Hier kann ich teilnehmen und dabei meine Suppe kochen. Alle Ingredienzien sind da. Religion ist für mich, und ich meine, das gilt allgemein, die Welt des „So-Tun-Als-Ob".

Eine Freundin von mir hat nun zufällig ihre Abschlussarbeit über die Forschungsergebnisse von Jean Gebser verfasst. Das Hineinwachsen des Kindes in die Erwachsenenwelt, indem wie Zwiebelschalen die archaische, magische und dann mystische Welt um den kargen, relativ offenen und in Bezug auf Umgang mit der Denkleistung des Gehirns wirren Keim seiner erblichen Mitgift wachsen - das habe ich von meiner Freundin über ein Jahr hinweg nahegelegt bekommen. Die Forscherei an den eigenen Kindern des Herrn Gebser fand ich nicht so toll, aber ich denke, den Kindern hat der neugierige Papa gefallen, und der exemplarische statt empirische Weg des Erforschens ist ja bitteschön auch meiner.

Archaik, Magie und Mystik also als die drei Wunderwelten des Religiösen. Dahinter soll dann der Monotheismus aufsteigen? Mitnichten! „In hoc signo vinces" - mit diesem Logo wirst du siegen - da hob das Heer Constantins unmittelbar vor der Schlacht zum erstenmal in der Geschichte Fahnen mit dem Christuskreuz offiziell in die Luft - und der Gegner verlor, weil die heimlichen Christen in seinem Heer nicht mehr kämpften. Herrschaftliche Taktik, professionellere Volksverarschung als bei den Schamanen, Geschäftemacherei und Machtpolitik, das ist die überwiegende Wurzel von Monotheismus. Nicht immer, den Gott der Juden „glaube" ich. Also ich glaube, dass auch noch Rabbis aus Überzeugung ihr Zeug tun, während ich leitende Relgionsverwalter  anderer Großreligionen für scheinheilig halte. Wenn Charys insgesamt den Monotheismus kaum beachtet und sich beim Heidentum umschaut - es hat politische Gründe. Gott ist eine Handelskette.

Kann man denn dies und jenes nebeneinander „glauben"? Ja. Genau das macht doch Charys, und sein Umgang mit dem Religiösen, achtzig Prozent Dialog mit Fetischen, zehn Prozent Niedermache von Verkaufsreligionen wie "Astrologie", zehn Prozent stetige Erinnerung an die Ergebnisse nachprüfbarer Forschungsarbeiten hinein in das Terrain, das einst Religionen besetzten - das ist seine Mixtur.

Froh bin ich über den Stand der Naturwissenschaften im weiten Sinne, also bis hin zur Gehirn- und Verhaltensforschung. Der monotheistische Gott wird ja immer wabbeliger für den, der sich den Blick auf sich selbst als Gott-Erzeuger nicht eingesteht. Der gern archaische, mit Magischem hantierende, Mystik jonglierende Charys „glaubt" am ehesten dem Taoismus des Laotse als Religion - und der ist auf elegante Weise gottlos. Das wird nicht sonderlich deutlich im charysischen Werk, weil „Das Buch vom Tao" in Mitteleuropa nicht kommunizierbar ist, und weil Yin und Yang als geglaubter Wirkmechanismus jenseits von Archaik, Magie, Mystik und Monotheismus eher entpersonalisierte Physik als noch Religion sind. Hier sei nun jedenfalls auf den „taoistischen Ausweg aus dem religiösen Affentanz" mal hingewiesen.