Von ferne hörte
ich dieses eigenartig wässrige Vogelgezwitscher schon auf dem
Marktplatz... und lief darauf zu.
Ein Mann saß da zwischen etwa 50 von ihm
getöpferten Gefäßen, die einander im Bau glichen. Nur die Glasur war
verschieden. Er hatte einen Topf mit Wasser neben sich.
Ich durfte ein Tongefäß nach seiner
Anweisung etwa zu zwei Dritteln mit Wasser füllen - und siehe da: Der
Ton der ertrunkenen Nachtigall flog mir zu.
Mit dem Gerät Vogelstimmen zu imitieren
ist viel leichter als mit den berüchtigten Holzmundstückchen, die auf
Märkten oft von souverän pfeifenden Verkäufern feilgeboten werden -
und zuhause schafft man dieses Pfeifen nicht, und das Mundstück landet
tot in der Schublade.
Zwei der Tonpfeifen kaufte ich.
Dergleichen habe ich nie mehr angetroffen. Ich weiß nicht, welch
kleiner aber wirksamer Trick im Gefäßinneren die Nachtigall so
herzzerreißend aus dem Wasser singen lässt.
Ein geniales Teil mit dieser traurigen
Geschichte im Gefolge: Wenn ein Kunde das Tierchen hören will, nehme
ich die wasserlose Pfeife und sage zu ihm: "Moment, ich muss die
Nachtigall erst ertränken". Vor seinen Augen gieße ich die
passende Wassermenge ein, warte einen Moment und pfeife dann.
Manchmal habe ich Kundinnen, die beim
"Ertränken" echt betroffen weggucken. Und schiebe bei Bedarf
eine Inhaltsangabe nach von Oskar Wildes "Die Nachtigall und die
Rose".
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