"Adventon" hieß der Ort. Warmer Wind umspielte
mich. Die anderen waren erfreulich wenig weit entfernt, aber doch weg,
nicht vorhanden.
Buddhas „Baum der Erleuchtung“ war für mich "die
Kreuzung von Adventon". Mir liegt meine Kreuzung näher als ein Baum
über mir. Den Baum
sehe ich als Symbol für Existierenkönnen, Existierenmüssen in der ersten
Ebene, also ganz physikalisch: Jeder Ast entwickelt sich aus hinreichend
stabilen Ästen, aus Stammesteilen darunter. Das ganze muss und will stetig
der Schwerkraft trotzen und schafft das für die Lebenszeit eines Baumes.
Irgendwann ist da Schluss - mit Stofftransport, mit Ausdauer, mit
Wachsein.
Meine Kreuzung von Adventon symbolisiert: Du kannst
wählen. Wo hin wählst du?
Und wie ich schon lange weiß, wähle ich recht genau
meinen tatsächlichen, physikalischen Weg. Er hat mich ja auch bis da hin
gebracht, wo ich imstande war, sinnstiftend auf der Kreuzung zu stehen.
Sex ok, Kunst rund, Musik als enorme Zukunfts-Option: Ich bin da und
keiner sieht es. Ich bin bereit zu berichten. Ich weiß, dass ich nicht
ganz gehört werden kann. Selbst wenn ein anderer Forschender zu
Vergleichbarem käme wie ich - wir würden uns vermutlich nicht treffen, und
wenn wir uns träfen, würden wir einander nicht erkennen.
Und wie ich mir auch denken konnte: Es gab
eigentlich gar nichts mehr zu wählen, als ich an der Kreuzung stand. Mehr
als ich allein lebe, erlebe, verarbeite, aufarbeite und darstelle lässt
sich qualitativ nicht leben, erleben, verarbeiten, aufarbeiten und
darstellen. Einerseits habe ich einen schon vor-angelegten, schon im
Prinzip erfüllten Rundgang hinter mir. Andererseits strebe ich nicht an,
einen Kreis zu gehen. Ich weiß, da wird es das Gefühl geben, heimgelangt
zu sein - das ist schon ein Kreisschluss, ein Rundwerden, ein Einfinden
nahe dem eigenen Start und seinen frühen Impulsen.
Aber ich wähle das nicht. Ich tauche unter dem
eigenen Heimgekommensein hindurch. Das Leben darf, es soll als offenes
Füllhorn verbleiben. Bis auf die Musik bin ich jetzt schon, da in Adventon
an der Kreuzung, ein potentiell komplettes Lebewesen. Ich habe die Ebenen
1, 2, 3 und 5 des Daseins erreicht. Die 4 ist mir belanglos - die kann und
darf mich überleben. In Ebene 4 schafft, zaubert, neuerdings durch Technik
erstellt sich der Alchemist einen Avatar. Aber ich werde das nicht sein -
dass ich im Avatar weiterlebe, wäre eine Mystisierung. Avatare sind Kinder
von Menschen.
Ich laufe durch die Straßen und kann potentiell über
meinem Lauf schweben. Ich rieche den Anfang hinter allem Getümmel. Ich
sehe, dass das Ende dem Anfang klar die Hand reicht: Nichts ist dann mehr.
Schön, potentiell im Nichts, im Anfang, in der Nacht schweben zu können
gelegentlich, sehr selten und natürlich ein bisschen unnütz mitten im
Leben.
Die "Erleuchtung" ist unnötig für das Leben. Aber sie ist ein
Geschenk, ein Labsal, ein Ankerpunkt, ein Machtgefühl, ein Drehenkönnen,
ein Freisein auf abstrakte Art für denjenigen, der sie einmal erreicht
hat, mehrfach schon aufzusuchen schaffte. Ich kann alles denken, wozu mir
eine informelle Basis gegeben ist, oder es bleibt eben ein
philosophisches, also eigentlich basisfreies Denken. Und Fühlen.
Wir sind Menschen von kosmischem Ausmaß,
herabgeschrumpft auf unser persönliches ästhetisches Wählen und Wollen,
auf unser Geld-Budget, und da hin, dass wir, wenn wir kosmische Ausmaße
ansteuern, allein dort sind und allein mit der Lage klarkommen müssen.
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